Geschichte

Nicht wenige aus der Bevölkerung des südlichen Oldenburger Landes verließen vor gut 150 Jahren ihre Heimat und suchten in Übersee eine neue Zukunft. Manche auch in Südamerika. Zu dieser Zeit entstand in Argentinien, mit einer großen Einwanderwelle, die Kultur des Tango Argentino. Anfang des 20igsten Jahrhunderts bestach er in seiner Eigenart ein erstes Mal Europäische Tänzer und verebbte dann wieder. Seit den 1980er Jahren flutete er erneut über die Hafenstädte Bremen und Hamburg ins Land. Auf diese Weise findet der Tango Argentino zurück zu einem Teil seiner möglichen Ursprungsorte, den Heimatstädten der Heuerleute und Handwerker aus dem hiesigen Raum. Diese freie Form des Tangos, er zählt seit 2009 zum immateriellen Weltkulturerbe, unterscheidet sich drastisch von der europäischen Form des Tangos. Tango Argentino entsteht in der präsenten gegenseitigen Wahrnehmung. Die Paare gestalten ihren Tanz frei in jedem Schritt. Die Bewegungen sind weich und fließend. Getanzt wird er von jung und alt, sowohl zu traditioneller Tangomusik oder modernen Elektro -Tangos. Während einer großen Einwanderungswelle Mitte des 19. Jahrhunderts explodiert die Bevölkerung Argentiniens. Die Hafenstadt Buenos Aires wird zum Brennkessel. Sie wächst innerhalb kurzer Zeit von 200000 auf 2 Millionen an (vgl. Reichardt 1984; Salas 2002). Einwanderer, „viele junge, im vormilitärischen Alter stehende Burschen“ und „wagemutige, unternehmenslustige, arbeitsfähige und arbeitswillige“ (Heimatverein Lohne 1980, S. 173) u.a. gut ausgebildete Bauern, Handwerker, Lehrer aus Deutschland und ganz aus Europa, zu zwei Drittel Männer, sind bei ihrer Ankunft betrogen um die versprochenen Subventionen und leben trotz Wirtschaftswachstum in Baracken der Vorstadt. Prekäre Lebensverhältnisse, unterschiedlichste Kulturen, Heimatlosigkeit und die Suche nach Halt, nach Beziehung und einer klaren Position in der Gesellschaft zeichnen das Bild der Einwanderer. Stark beäugt von den Obrigkeiten und etablierten Gesellschaftmitgliedern suchen sie als Tagelöhner ihr Auskommen. Ihrer Heimat und überlieferten Rollen entwurzelt, waren sie zurückgeworfen allein auf sich selbst und so mutet es aus der Perspektive der Emigrierenden nicht widersinnig an, dass sich in den Aufzeichnungen der Tangotexte (vgl. Reichardt 1984; Saikin 2004) männliche Dominanzgebärden und politische Widerstandskraft zeigen.